Saatgut- und Gentechnikrecht für Anfänger

von Susanne Gura

Folge 1: Wie nützlich sind Genscheren? Ein paar Beispiele

Obwohl in den EU-Gremien die Verhandlungen über eine Deregulierung der neuen Gentechniken laufen, erfährt man derzeit selten etwas darüber. Was kann man eigentlich Nützliches von den Genscheren erwarten?

Die Neue Gentechniken können zwar schneller als die konventionelle Züchtung zu neuen Eigenschaften kommen, aber sind diese auch nützlich?

Äpfel und Pilze werden nicht mehr braun

Bisher wurden u.a. Apfel- und Pilzsorten produziert, die beim Anschneiden nicht braun werden. So können VerbraucherInnen nicht erkennen, wie frisch das Lebensmittel ist. Das nützt den Lebensmittelhändlern, aber den Verbrauchern eher nicht. Der Umwelt schadet es, denn nun werden geschnittene Äpfel in Plastikverpackungen verkauft.

Die beruhigende Tomate

Seit 2021 gibt es auf dem japanischen Markt eine Tomatensorte, die beruhigend wirkt. Mit der Ausschaltung eines Genes erhöht sich der Gehalt eines blutdrucksenkenden Stoffes, der in unreifen Tomaten vorkommt und mit der Reifung schwindet. Wie nützlich das ist, wurde bisher nicht berichtet.

Genscheren schalten Gene ab

Die Genscheren können vorhandene Gene abschalten, anschalten und sie aus einer Pflanze in eine andere übertragen. In der Regel ist es dieselbe Art, während mit alten Gentechniken sowohl Gene zwischen verschiedenen Arten als auch Gene innerhalb derselben Art transferiert wurden. Die Befürwortenden der Deregulierung stellen es lieber so dar, als seien bislang nur artfremde Gene übertragen worden; die Genscheren seien mit ihrer artgleichen Genveränderung genauso wenig riskant wie die Züchtung.

Keine Deregulierung des bestehenden Gentechnikrechts!

Das wichtigste Argument der Befürwortenden sind klimaresistente Sorten. Die sind aber nicht in Sicht, das gibt auch die gentechnikbefürwortende Webseite www.transgen.de zu. Denn Pflanzenorgane, die die Pflanze für den Umgang mit Hitze, Dürre und Überschwemmungen braucht, kann man mit der Genschere nicht zusammenbauen. Transgen prognostiziert, dass es sinnvoll sei, hitze- und dürretolerante Pflanzen anzubauen, die es bereits gibt, wie zum Beispiel Hirse.

Es braucht eigentlich keine Deregulierung: Auch mit dem bisherigen Gentechnikrecht kann die Genschere für den EU-Markt zugelassen werden. Im Sommer 2024 durfte eine Maissorte als erste CRISPR/Cas-Pflanze nach geltendem Gentechnikrecht in der EU ausgesät werden. Die Maissorte ist resistent gegen das Herbizid Glufosinat. Dessen Anwendung ist allerdings, anders als Glyphosat, in der EU verboten. Es fehlt also der „Nutzen“, was für Umwelt und Gesundheit wiederum gut ist, aber diese Maissorte bräuchte man dann auch nicht.

Auch dort, wo das Unkrautgift noch nicht verboten ist, wird es wohl kaum der Umwelt und den Verbrauchern nützen, aber wohl eher der chemischen Industrie.

Das herkömmliche Gentechnikrecht hat strenge Risikoprüfungen, bei der Deregulierung der Neuen Gentechniken soll auf eine Risikoprüfung und auf andere wichtige Vorschriften verzichtet werden. Eines der Risiken ist die Kontaminierung, zum Beispiel könnten durch Insekten- oder Windbestäubung Gentechnikprodukte in unsere Sorten geraten. Da Gentechnikprodukte in der Regel patentiert sind, werden schlimmstenfalls Lizenzgebühren fällig. Gärtnernde können nicht nachweisen, dass sie das Gentechnikprodukt nicht selbst ausgesät haben. Zwar sind unsere Ausleihsorten davon nicht betroffen, denn es sind Selbstbefruchter. Aber die meisten Arten von Nahrungspflanzen sind Fremdbefruchter.

Apfelschnitze in Plastiktüten gibt es – dank Genschere – bei www.arcticapples.com.

Unsere Autorin Susanne Gura erreichen Sie unter
gura@posteo.de.

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