von Wolfgang Wenzel

Heute möchten wir euch darüber berichten, wie manche Bohnensorten zum VEN gekommen sind. Es gibt verschiedene Gründe, wieso wertvolle Bohnensamen verloren gehen. Gärtnerin oder Gärtner können sich aus Krankheit, Gebrechlichkeit, Alter oder auch aus familiären Gründen nicht mehr um die Samen kümmern oder sie versterben. Das Saatgut wird oft aus Unkenntnis über den Schatz, der hier vorliegt, von den Nachkommen entsorgt.
Gemüsebau früher
Dazu muss man wissen, dass der eigene Gemüseanbau früher eine grosse Bedeutung und hohen Stellenwert in vielen Haushalten hatte. Dort, wo es möglich war, wurde eigenes Gemüse angebaut. Das jeweilige Saatgut hatte man selbst aus der vorherigen Ernte gewonnen oder auch mit anderen getauscht. Gute, schmackhafte Bohnensorten wanderten auch immer als Mitgift der Braut mit in den neuen Haushalt. In schweren Zeiten wurde das Saatgut auch als Tauschware benutzt, um z.B. Tee oder Kaffee zu bekommen. So jedenfalls berichten es immer wieder Familien, die uns ihr Saatgut zum Erhalt anvertrauen. Natürlich hat man ausschließlich die wichtigsten, also am meisten benötigten, und die leckeren Sorten erhalten. Eine wertvolle Ressource und Nahrungsgrundlage, vor allem da diese Sorten auch noch an das jeweilige, regionale Klima und die örtlichen Bedingungen angepasst waren.
Wer heute noch alte, regionale Bohnen anbaut und weiß, dass dieses Saatgut womöglich nach dem eigenen Ableben nicht weiter angebaut wird, wird mitunter doch nachdenklich. Dann reicht auch schon mal ein TV-Bericht über Erhaltervereine zu sehen, um aktiv zu werden.
Alte Sorten gesucht
Und hier nun kommt unser Verein, der” VEN” oder andere Erhalterorganisationen ins Spiel. Erhalten können wir aber nur die Sorten, die nicht mehr im Sortenregister verzeichnet sind. Also die Oma oder Urgrossmutter schon im Garten angebaut hat. Oft werden dann dazu auch noch die persönlichen Schicksale wie Flucht und Vertreibung erzählt. Wichtig ist für den zukünftigen Anbau auch, wie und wofür die Bohnen verwendet wurden und ob es dazu vielleicht tatsächlich noch ein Rezept dazu gibt.
Grundsätzlich möchten wir so viele Informationen wie möglich zu den Sorten bekommen, um sie dann auch der Nachwelt zu erhalten.
Sortenerhaltung beim VEN
Wir beim VEN vermehren zur Zeit jährlich über einhundert alte Bohnensorten. Das ist eine sehr grosse Herausforderung. Manche sind bereits über zweihundert Jahre bekannt, andere erst einige Jahrzehnte. Diese Arbeit gelingt aber nur, wenn viele Gärtner und Gärtnerinnen die Bohnen im Garten anbauen und im Herbst einen Teil trocken wieder an uns zurück schicken. Nur dann können wir das Saatgut im nächsten Jahr wieder anderen zur Verfügung stellen. Anbauen kann die Bohnen jeder, der einen gewissenhaften Gemüseanbau anstrebt und Platz für mindestens sechs Pflanzen hat.
Beispiele für uns übergebene Sorten
Stangenbohne ‚Oma Sophia’

Diese Stangenbohnen bekamen wir von Familie Remitz aus der Steiermark. Sie stammt von der Oma Sophia, die sie aus dem Logar-Tal in Slowenien erhielt. Der Ursprung der Bohne geht wohl auf eine Sorte namens ‚Amerikana‘ zurück.
10 Jahre nach dem Tod der Oma wurden Samen der Bohne im Tiefkühler gefunden. Der erste Anbau gelang und so wurde eine alte Bohnensorte gerettet. Die Bohne stammt wahrscheinlich noch aus der Zeit vor 1918.
Man kann sie sowohl grün als junge Hülse (umgangssprachlich Schote) essen oder auch später als Körnerbohne nutzen. In der Steiermark werden diese Bohnen zu Grammeln gegessen oder im Salat oder in der klassischen Bohnensuppe.
Diese Geschichte zeigt auch, wie knapp es manchmal sein kann und wie der Zufall eine Rolle spielen kann, um eine Bohnensorte zu retten.
Updrögt Bohne ‚Mimi‘

Bei dieser Buschbohne handelt es sich um eine Besonderheit. Sie kann mit Hülsen im Herbst getrocknet und bei Bedarf mit den Hülsen eingeweicht und gekocht werden.
Früher wurde sie zum Trocken aufgefädelt. Sie ist so gut wie fadenlos. Der Vorteil liegt in der Verwendung von Körnern und Hülsen.
Bekommen haben wir die Sorte von Herrn Janssen aus Ostfriesland. Er kann die Bohne aus Altersgründen nicht mehr anbauen und möchte, daß die Sorte weiter bestehen bleibt.
Er hat die Bohnen von seinem Opa, bei dem er nach dem Krieg aufwuchs. Im Dorf wurde die Bohnen noch von weiteren Haushalten u.a. auch von einem Arbeitskollegen von Herrn Janssen, angebaut. Die Mutter des Arbeitskollegen hiess Mimi, daher auch der Name der Bohne. Nach den Erinnerungen von Herrn Janssen lässt sich die Bohnensorte bis mindestens ins Jahr 1900 in der Region Samtgemeinde Esens (Ostfriesland) zurück verfolgen.
Ein Rezept für einen Bohneneintopf mit Updrögt Bohnen gibt es hier: updrögtbohnen.de/rezepte
Bohnen selbst erhalten
Wer selbst eine alte Bohnensorte von Oma zuhause hat, kann uns gerne kontaktieren. Schreib einfach an die Fachgruppe Bohnen: bohnen@nutzpflanzenvielfalt.de
Wir haben in jedem Jahr Ende März Versandschluss für unsere Bohnen. Wer sich für die Erhaltungsarbeit ernsthaft interessiert, kann uns gerne ab Oktober für die nächste Saison schreiben.
Die Fachgruppe Bohnen ist über die E-Mail bohnen@nutzpflanzenvielfalt.de während der Sommermonate nur sporadisch erreichbar.
Anbautipps für Bohnenerhalter
Das wertvolle Saatgut vom VEN ist meist auf 20 Korn pro Lieferung und Sorte beschränkt. Deshalb empfiehlt es sich, die Bohnen in Töpfen etwa zwei bis drei Wochen vor der Auspflanzung anzuziehen. Die Direktsaat oder das Auspflanzen sollte unbedingt erst nach den letzten Frösten erfolgen, etwa Mitte Mai. Bei der Direktsaat in die Gartenerde auch immer das Wetter im Auge behalten. Wenn die nächsten Tage viel Regen angesagt ist, die Aussaat bitte noch etwas vertagen. Zuviel Nässe kann den Bohnen mehr schaden als nutzen.
Bei älterem Saatgut (älter als vier bis fünf Jahre) sollte das Bohnensaatgut sehr trocken gehalten und nur sparsam gegossen werden. Es darf vor allem nie lange Zeit nass bleiben.
Genauso wichtig ist auch der Schneckenschutz. Bitte schützt eure Bohnen vor Schneckenfraß. Das kann man durch das Absammeln von Schnecken machen oder durch das Anbringen von Schneckenkrägen oder ähnlichem. Zum Schutz gehört auch die regelmässige Kontrolle.
Eine ausführliche Kulturanleitung für Bohnen findet ihr hier: www.nutzpflanzenvielfalt.de/node/3027